Es ist noch früh, aber ich kann nicht mehr schlafen, habe schon im Kopf, was ich heute schreiben will und brenne darauf, es in den Laptop zu tippen. Das Fenster war die ganze Nacht weit geöffnet. Es wird von Tag zu Tag sommerlicher und wärmer. Der Himmel ist wolkenlos und der Holunderzweig guckt herein und sagt: „Dann steh doch auf!“
Mein Mann ist schon mit dem Fahrrad unterwegs und mich hält nichts mehr im Bett. Wenig später stehe ich an der Spüle vor dem breiten Küchenfenster und lasse mich genussvoll von der Morgensonne wärmen, während ich meinen grünen Tee trinke. Mein Blick geht nach rechts durch die riesige Fensterfront übers Meer. Ein weißes Segelboot ist schon unterwegs. Ich frage mich, kann man näher am Meer wohnen? Zwischen Haus und Meer sehe ich nur Lavendel, ein paar Büsche, Heckenrosen und hohes, im Wind wogendes Gras. Eine Libelle fliegt vor dem Fenster hin und her, wie ein Hubschrauber, der einen Landeplatz sucht. Gestern haben im Jachthafen viele Boote festgemacht und es war auch schon eine Schar von Menschen zu sehen. Die Saison beginnt.
Nun frühstücken wir an dem großen rechteckigen Esstisch, den wir quer vor die Fensterfront gestellt haben. Gemütlich sitzen wir nebeneinander und vor uns stehen unsere beiden Ferngläser, mit deren Hilfe wir die schöne Umgebung genau beobachten können. Wenn einer von uns zum Fernglas greift, greift der andere automatisch sofort ebenfalls zu, denn dann muss da etwas Interessantes zu sehen sein.
Während wir essen, sticht ein Segelboot nach dem anderen in See, ich zähle sechszehn. Mein Blick geht weiter, links am Ufer entlang. Dort sehe ich etwas, kann es aber nicht richtig erkennen. Also greife ich zum Fernglas. Ein großer schwarzer Hund rennt vom Strand ins Wasser, um einen Stock zurückzubringen. Herrchen streckt den Arm aus, aber der Hund will den Stock nicht hergeben. Immer wieder legt er ihn ab. Schließlich gibt er ihn Frauchen. Sie schleudert das Holzstück zurück ins glitzernde Wasser, während der Hund schon erwartungsvoll losläuft. Herrchen und Frauchen umarmen sich. Es ist ein schon etwas älteres Ehepaar. Sie schlendern Hand in Hand weiter und finden ein weiteres Stück Treibgut. Der Hund kann vor lauter Aufregung kaum abwarten, es gleich aus den Fluten zu holen.
Wenn man das Bad in unserem Häuschen zum ersten Mal sieht, fragt man sich: Wo ist die Dusche? Dann wird einem klar: Das Bad selbst ist die Dusche. Ich schätze, der Raum ist etwa 1,5 Meter tief und 2 Meter breit. Auf der einen Seite kommt ein Schlauch mit einem Brausekopf aus der Wand und im Fußboden ist ein Abfluss. Gegenüber befinden sich die Toilette und das Waschbecken. Vorsichtig lasse ich das Wasser über meinen Körper laufen und bin erleichtert, dass
– die Wände (die jetzt vollspritzen) nicht gestrichen oder holzverkleidet sind, wie in manchen Ferienhäusern, sondern gefliest.
– das Wasser nicht gleichzeitig über Waschbecken und Klo läuft, wie in manchen Ferienhäusern,
– der Abfluss nicht verstopft ist!!!
Ich stehe mit Badelatschen in einer Wasserlache auf dem gefliesten Boden und freue mich, dass in diesem Sommerhaus alles so EINFACH ist – und warm. In anderen Ferienhäusern hatte ich früher immer spätestens im Bad gefroren und einen Heizlüfter gebraucht.
Beim Zähneputzen fällt mir ein, dass ich vergessen habe, das Waschbecken zu beschreiben: Man stelle sich das kleine Mundspülbecken beim Zahnarzt vor, aber einen Tick größer. Es steht hier wie eine Schüssel auf einem kleinen Unterschrank, so wie es heute modern ist. Es gibt keine Mischbatterie. „Heiß“ und „kalt“ müssen getrennt bedient werden, fließen jedoch aus einem schön geschwungenen Wasserhahn, nicht wie wir es in England häufig gesehen haben, aus zwei separaten Wasserhähnen. Das Ganze sieht sehr stylish aus. Kein Zweifel, es handelt sich bei dieser Waschgelegenheit um ein Designerstück, schön aber unpraktisch. Beim Waschen geht grundsätzlich Wasser daneben.
Aber ich bin froh darüber, dass der Unterschrank aus Kunststoff besteht und nicht aus (sich durchweichendem) Holz, wie in manchen anderen dänischen Ferienhäusern. Wir haben nämlich die Erfahrung gemacht: So wie in Deutschland, wird auch in Dänemark viel Kunststoff verwendet. Aber in unserem Urlaubslieblingsland kann man sich meistens darauf verlassen, dass ausgerechnet die Küchen- oder Badoberflächen, die öfter ab- und trocken gewischt werden müssen, aus Materialien bestehen, die Feuchtigkeit und Schmutz ganz in sich aufnehmen, wie z. B. Holz. Das ist wirklich eigenartig und vor allem unpraktisch.
Aber mit den Augen der Liebe, sieht man nun mal nur das Schöne und über alles andere hinweg. Also gebe ich mein Bestes bei der Schadensbegrenzung, denn ich liebe dieses Sommerhaus.