Ich erwache und schaue zum Meer, aber es ist weg. Alles sieht weiß aus und ist diesig, als ob es weder den Himmel noch das Meer gäbe. Ich fühle mich irgendwie schwach und lege mich wieder hin. Ich denke an den gestrigen wolkenlosen Sonnenuntergang. Als wir wortlos an der Landspitze standen, wehte nur ein zartes Lüftchen. Es fühlte sich angenehm frisch an. Vom Aufstieg war mir sehr warm geworden. Nachdem die Sonne verschwunden war, blickte ich mich zum Land um. Zwischen grünen Hügeln lagen Buchten. Es sah aus wie eine Seenlandschaft. Wiesen, Büsche, windschiefe Bäume. Auf einer Weide galoppierten drei Kühe ausgelassen herum. Ihre Artgenossen waren mit wichtigeren Dingen beschäftigt, nämlich mit dem Grasen.
Am Tage hatten wir auf dem kleinen Rasen neben dem Haus gesessen bzw. gelegen. Über uns flogen kleine Schwalben emsig hin und her. Mal segelten sie, mal schlugen sie so schnell mit den Flügeln, wie ein nasser Hund sich schüttelt. Auf dem Meer flitzte ein Motorboot. Man konnte hören, wie der Bug in kurzen Abständen auf das Wasser schlug. Am späten Nachmittag hörten wir immer wieder einen Kuckuck aus der Ferne. Nachdem wir abends ins Haus gegangen waren, setzte ich mich auf das Ikea Ektorp Sofa und blickte entspannt nach oben.
In diesem Walmdach-Bungalow kann man direkt bis unter das Dach gucken. Alles ist offen. Über dem kleinen Schlafzimmer, dem Bad und der offenen Küche befindet sich eine Art Galerie mit einer Schiffsreling davor. Dort oben liegen Matratzen und Auflagen. Hier können also noch mehr Feriengäste schlafen. Aufrecht gehen und stehen ist auf der Galerie aber nicht möglich. Wir nutzen den Platz vor allem, um unsere Transportboxen gut zu verstauen. Eine Leitertreppe, die mit einem dekorativen Messinghaken an der Wand befestigt ist, führt direkt nach oben. Man muss nur den Haken lösen, schon kommt sie einem entgegen.
An der hinteren Dachseite befindet sich ein großes Velux Fenster, das man mit einer Fernbedienung öffnen und schließen kann, falls es mal innen zu heiß werden sollte. Wir sind das dritte Jahr in diesem Haus. Bis jetzt hat es immer gereicht, die beiden Türen offen stehen zu lassen. Der Wind weht dann angenehm durch das Haus. Tatsächlich hat das Haus zwei Eingangstüren, die direkt gegenüberliegen. Und vor jeder Tür befindet sich eine gepflasterte Terrasse und eine kleine Rasenfläche.
Oft blicke ich nach oben durch das Dachfenster, an dem steilen Hügel entlang, der sich direkt hinter dem Haus befindet, hinauf in den blauen Himmel. Dann denke ich, ist es mein Haus? Ja, ich habe es mir gewählt. Ich liebe es mit seinen Ameisen und all seinen kleinen Unzulänglichkeiten.
Liebevoll lege ich Tücher um das Mundspülbecken. Was heißt schon perfekt. Nichts und niemand ist perfekt. In mein geliebtes Sommerhus möchte ich mit meinem Mann jedes Jahr zur Mittsommerzeit zurückkehren.
Schöne Häuser sind meine Leidenschaft. Ich empfinde tiefe Sehnsucht, wenn ich ein schönes Haus sehe. Ich schaue Filme an, nur wegen der darin vorkommenden Häuser. Ich erwache manchmal aus einem Traum, in dem ich wunderschöne Häuser sehnsüchtig angeschaut hatte. Ich sehe jedes Detail. Wenn ich ein Haus anschaue, weiß ich sofort, was man verbessern und optimieren könnte. Bei manchen sehe ich leider nur eine Abrissbirne. Da kommt jede Hilfe zu spät. Zu viel wurde daran verschlimmbessert. Bei manchen Neubauten fragt man sich, was ein Architekt für Geld alles aushalten und mitmachen muss. Was manche Leute nicht zu wissen scheinen: Häuser sollten wiederverkäuflich sein. In England kennt jeder den Wert seines Hauses, auch wenn er es nie verkaufen wird. Bauherr zu werden, scheint heutzutage eine ziemlich sichere Methode zu sein, um sich unglücklich zu machen. Aber im Hier und Jetzt denke ich nur an dieses Häuschen. Es war Liebe auf den ersten Blick!!!
P. S. Der Puppenkisten-Bootsmann ist inzwischen wieder unterwegs. Oh, je! Hat er etwa zugenommen? Dann könnte er gleich mit seinem Boot abgluckern. Fraglich ist, ob er sich dann mit seinem angefutterten Rettungsring über Wasser halten kann?