Ich habe mich nie gefragt, ob ich ein Hobby habe oder eins brauche. Früher hatte ich im Chor gesungen. Es hat mir gefallen, weil man nicht viel mit anderen sprechen muss. Aber ein Hobby war es nicht.
Dann habe ich gepfiffen, das kann ich nach wie vor wirklich gut. Aber ein Hobby war es nicht. Außerdem war es mir für eine ganze Weile vergangen, der Schwiegermutter sei dank.
Jetzt stehen Haus und Garten in meinem Fokus! Ich kann nicht anders, als darin zu arbeiten, alles ständig zu betüddeln und es zu betrachten. Man kann sagen, es ist meins. Aber ein Hobby ist es nicht.
Zwischendurch kam das Malen, wie eine kurze stürmische Affäre. Die Gelegenheit war da, in einer Kureinrichtung. Ich habe mich darin verloren, einfach drauflos gemalt. Es war schon toll, aber auch anstrengend. Und jetzt denke ich noch nicht einmal mehr daran zurück.
Ich muss mich eben damit abfinden, dass ich weder ein leidenschaftliches Hobby habe noch brauche, so wie andere. Das dachte ich zumindest. Und dann stolperte plötzlich das Schreiben in mein Leben, ohne Vorwarnung. Es kam direkt auf mich zu und ich hörte, wie es rief: „Zur Seite Leute, die schnapp ich mir.“ Und dann flüsterte es mir verführerisch ins Ohr: „Liebling, grübeln war gestern. Jetzt verbringe deine Zeit mit mir.“
Ich fragte nicht lange und ließ mich mitreißen. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt, ein Hobby zu haben und es mit Leidenschaft zu betreiben. Wenn ich morgens aufwache, spüre ich oft, wie es mir förmlich unter den Nägeln brennt, endlich meine Gedanken und Beobachtungen aufzuschreiben.
Wie gut, dass ich keine künstlichen Nägel habe. Die könnte ich genauso gut gebrauchen, wie den Nagelpilz, den schon viele davon bekommen haben – und es werden täglich mehr. Uuh!
Außerdem sehen solche Nägel meistens very geschmackvoll aus. Ich frage mich, warum sich Frauen das antun? Warum sie sogar bei schönem Wetter auf steilen unbequemen Stühlen sitzen, um sich für viel Geld zum Teil von unfreundlichem Personal – vielfach Damen, die auf mich wie Leibeigene aus dem (fernen) Osten wirken – quälen zu lassen. Masochismus in Reinkultur. Aber es boomt zurzeit. Künstliche Nägel müssen sein, egal wie gepflegt der Rest aussieht.
Tattoos, Piercings, riesige Lobe Piercings, Silikon … all das ist up to date. Ich bin so froh, dass es das noch nicht gab, als ich jung war. Das ist mir erspart geblieben, kann ich nur sagen, und damit auch irreversible Schäden. Meine Jugendsünde in dieser Richtung beschränkte sich in den 1970er Jahren auf eine Afrolookfrisur; die wuchs zum Glück wieder raus. Gar nicht auszudenken, wenn ich heute noch wie ein Pudel herumlaufen müsste.
Wenn man jung ist, kann man sich nicht vorstellen, dass sich der Geschmack und die Mode wieder ändern werden. Aber das tun sie, DAS IST SICHER!
Was wohl als Nächstes kommt? Vielleicht Brandzeichen?
In freudiger Passivität lasse ich mich überraschen.