Weihnachtsgeld für Vermieter! Neues Geschäftsmodell?

Meine Mutter hat ein neues Geschäftsmodell, um an Bargeld zu kommen. Und außerdem hat sie Sonderwünsche. Sie will das Geld in „kleinen Scheinen“.

Ihre neueste Strategie ist folgende: Sie wolle ihren Mietern Weihnachtsgeld geben. Das wolle sie ihnen in Umschlägen zusammen mit Weihnachtskarten auf die Treppenhaustreppe legen.

Ich sagte ihr, dass sie schon lange keine Weihnachtskarten mehr schreiben würde und dass, solange ich denken kann, kein Mieter unseres Hauses je Weihnachtsgeld bekommen hätte. Abgesehen davon habe ich auch noch nie gehört, dass irgendein Mieter auf der Welt Weihnachtsgeld vom Vermieter erhält.

Bei der momentanen Wohnungsknappheit würde es mich allerdings nicht wundern, wenn die VERmieter in Zukunft mit dieser Art von Zuwendung bedacht werden. Nur um an eine Wohnung zu kommen, würden viele Leute heute sicher einen Mietvertrag unterschreiben mit vereinbarter jährlicher Weihnachtsgeldzahlung an ihren Vermieter. Den Floh habe ich meiner Mutter aber nicht ins Ohr gesetzt. Am Ende verlangt sie tatsächlich noch Geld von den drei Männern im ersten Stock.

Natürlich fragte ich mich, wofür meine Mutter plötzlich wieder Bargeld haben wollte. Sie geht kaum noch aus dem Haus; und wenn sie doch mal etwas einkaufen möchte, geht sie ausnahmslos zu EDEKA, wo sie alles mit ihrer Kundenkarte bezahlen kann. Alles läuft also bargeldlos wie am Schnürchen. Ich hätte noch verstanden, wenn sie das Geld für das Pflegedienst-Team und ihre persönlichen Hilfen gewollt hätte. Aber davon war nicht die Rede. Um diese Art „Weihnachts-Schmerzensgeld“ durfte ich mich selber kümmern. Was ich natürlich auch getan habe.

Nein, das Bargeld war mal wieder für ihren einen Enkel gedacht, der wie in alten Zeiten zu ihr gekommen war, weil er „dringend“ Geld brauchte. Vermutlich tischte er ihr wieder irgendwelche Lügengeschichten auf, um ihr Mitleid zu wecken. Denn wenn er ankündigen würde, dass er das Geld für Drogen bräuchte, würde meine Mutter ihm nichts geben. Sie möchte ja, dass aus ihm „etwas wird“, und dafür braucht man zum Beispiel neue Schuhe – wenn es sein muss auch täglich. Zum Glück kann sie nicht mehr ausgenommen werden wie eine Weihnachtsgans.

Da muss der Enkel eben mit bargeldlosen Weihnachtsgrüßen in ein hoffentlich abhängigkeitsfreies 2019 starten. Das Blatt hat sich gewendet, und das ohne Weihnachtskarte.

Unterlassene Geburtstagsgeschenke

Meine Mutter ist der Prototyp eines Betrugsopfers. Schmuck und Bargeld hatte sie, dank ihrer chronischen Beratungsresistenz, stets so versteckt, dass ein Einbrecher oder ein sogenannter Einschleicher überhaupt nicht suchen musste. Wenn solche Leute Ratgeber-Broschüren herausgeben dürften, hätte meine Mutter alles genau nach Vorschrift gemacht: Schmuck und Bargeld bitte im Kleiderschrank verwahren. Aber glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist. Ein Vorteil: Um die Verteilung des Familienschmucks müssen wir uns eines Tages keine Gedanken mehr machen.

Mein Verstand sagt, meine Mutter hätte ihr Herz an den falschen gehängt. Sie solle es lieber frei fliegen lassen. So wie eine Biene. Aber die Co-Abhängigkeit zu ihrem drogenkranken Enkel hat meine Mutter fest im Griff und scheint sie nicht mehr loszulassen. Sie WILL ihrem Enkel, trotzdem er volle staatliche Unterstützung bekommt, zwanghaft finanziell unter die Arme greifen. Denn niemand hat ihn lieb, alle wollen ihn nur über den Tisch ziehen, und er braucht doch Geld für Schuhe, Kleidung, Fahrradreparaturen, ein neues Fahrrad, Fahrgeld, Arztrechnungen, Schuldenabbau, den Gerichtsvollzieher, für Kinobesuche, zum Essen gehen (sonst bekommt er ja nie eine Frau) … Mir fällt gerade nichts mehr ein, ihm schon. Er hat es voll drauf.

Ihren anderen Enkelkindern könne sie schon lange keine Geschenke mehr zum Geburtstag machen, weil sie ihr Geld für ihr bevorstehendes Alter sparen müsse, so ihre Argumentation. Früher bekam jedes Enkelkind einmal im Jahr 50 Euro.

Jetzt die Preisfrage des Tages: Könnte meine Mutter, die ja gerne hundert Jahre alt werden möchte, das bereits für Drogen ausgegebene Geld durch unterlassene Geburtstagsgeschenke wieder einsparen? Die Antwort: Nein. Rein rechnerisch müsste sie dazu nämlich entweder noch ungefähr 100 Jahre lang ihren anderen Enkelkindern nichts mehr schenken, oder noch auf die Schnelle mindestens 34 Urenkelkinder bekommen, denen sie nichts schenkt.