Per Dachluke ins Kittchen

Vor langer Zeit zog ein neuer Mieter in ein möbliertes Zimmer meines Elternhauses ein. Er wollte nicht, dass in seinem Zimmer sauber gemacht wird, weil er bei seiner ”Montagetätigkeit“ sehr unregelmäßig arbeiten und deshalb häufig tagsüber schlafen würde. Für meine Eltern war das in Ordnung. Zumal der Mann einen seriösen Eindruck machte und stets freundlich grüßte.

Kaum war er eingezogen, schaute er sich interessiert im Hause um und machte meinen Vater auf eine Schwachstelle aufmerksam, durch die Einbrecher leicht eindringen könnten. Froh über den guten Tipp, bestellte mein Vater auch gleich ein entsprechendes Gitter für das kleine Fenster zum Garten.

Offenbar hatte der nette Herr beruflich mit so etwas zu tun, dachte er. Und tatsächlich stellte sich genau das heraus, als eines Tages zwei Polizisten vor der Tür standen und nach ihm fragten. Meine Mutter führte die beiden Beamten sofort in das Zimmer unseres Mieters. Von einem Durchsuchungs-Beschluss hatte sie keine Ahnung und auch keinen zu Gesicht bekommen, dafür aber die Durchsuchung selbst. Fassungslos starrte sie auf den großen Kleiderschrank, der von unten bis oben mit Fernsehern, Radios und anderer ”heißen“ Ware gefüllt war. Eingebrochen war der „gute“ Mann stets durch ungesicherte Dachluken, wie wir später erfuhren.

Wenn man abschließend alles, was damit zusammenhängt, betrachtet, hatte es sich irgendwann und irgendwie für jeden der Beteiligten gelohnt:

Zuerst hatte es sich für den Mieter gelohnt, weil er in dem möblierten Zimmer günstig wohnte, lange unerkannt blieb und in aller Ruhe bei anderen Leuten über die Dachluken einbrechen konnte.

Später bei der Durchsuchung hatte es sich für die Polizisten gelohnt, die mit einem Erfolgserlebnis das Haus verlassen und den Mann später in aller Ruhe festnehmen konnten.

Und zuletzt hatte es sich für unsere Familie gelohnt, dass der Einbrecher ausgerechnet bei UNS eingezogen war. Denn dadurch befand sich unser Haus sozusagen im Auge des Hurrikans, in dem sich bekanntlich nichts Schlimmes tut, während die Schäden drum herum zu verzeichnen sind.

Bis zum heutigen Tag wurde nicht in mein Elternhaus eingebrochen. Ob wir das dem möblierten Herrn von damals zu verdanken haben? Ich frage mich manchmal, was wohl aus ihm geworden ist, denn seine Strafe muss er längst abgesessen haben. Man kann wohl von folgender Vermutung ausgehen:

Wenn er nicht gestorben ist, sorgt er heute im Seniorenheim für Sicherheit.