fifty shades of grey im Eingangsbereich

Wenn wir Gäste bekommen, sage ich immer: „Bitte nicht die Schuhe ausziehen. Einfach nur die Matte benutzen.“

Aber ich muss immer wieder feststellen, dass mir niemand wirklich zuhört. Denn ungefähr fünfzig Prozent der Besucher ziehen ihre Schuhe aus, bevor sie unsere Wohnung betreten und der Rest tut alles dafür, die Matte zu umgehen. Vorsichtig treten sie daneben oder machen einen großen Schritt, um sie ja nicht zu berühren.

Ich weiß, Matten können wunderschön sein. Es werden alle möglichen Modelle mit Motiven und Aufschriften angeboten: Herzlich Willkommen mit und ohne Herzmotiv in sämtlichen Sprachen, Gartenmotive, Blumen, niedliche Haustiere. Auf manchen steht Welcome! My home is my castle … Sogar die Namen der kompletten Familie kann man sich aufdrucken lassen und die Fotos seiner Lieben. In solchen Fällen kann ich es sogar verstehen, wenn sich niemand die Schuhe an den Köpfen der Freunde abputzen möchte.

Aber bei mir liegen nur zwei grau gemusterte Matten ohne Schnickschnack, ohne Fotos im Eingangsbereich. Zugegeben, sie haben ein dunkelgraues, hübsches Schnörkel-Muster auf hellgrauem Grund. Aber sind sie deshalb wirklich zu schade, um sie zum Schmutz abstreifen zu verwenden?

Die Einzigen, die keine Probleme mit schönen Matten haben, scheinen Handwerker zu sein. Während sie ihren Auftrag im Kopf und ihre Werkzeuge in der Hand haben, wird die Matte von ihnen beim Eintreten „nicht verschont“. Manchmal muss ein Mann eben tun, was ein Mann tun muss, jedenfalls in Deutschland. In den USA ist es wieder anders; da streifen sich die Handwerker vor dem Betreten einer Wohnung „Duschhauben“ über ihre Arbeitsschuhe, damit sie keine Spuren am „Tatort“ hinterlassen. Ihre Arbeitgeber-Firma will schließlich hinterher nicht wegen Schmutzverursachung verklagt werden, da investiert sie lieber in Einmal-Überschuhe. Man weiß ja, wie teuer so ein Schadensersatz in den USA werden kann.

Aber wie kann ich auch ganz normale Gäste dazu bewegen, die Matten zu benutzen? Vielleicht sollte ich mir neue Exemplare besorgen, die nicht nur zwei Grautöne haben, sondern gleich fifty shades of grey. Dann würden die Besucher vielleicht an Sado-Maso denken und sich die Matten endlich mal richtig vornehmen, also nicht mehr links liegen lassen oder zaghaft behandeln. Aber, ich glaube, Matten mit Motiven und Aufschriften werden grundsätzlich nicht genutzt, selbst wenn dort ein Totenkopf mit folgendem Warnhinweis abgedruckt wäre:
Achtung: Dies ist ein Schmutzabstreifer. Schonen verboten!