Faulpelz im Aufwind

„Wir waren aber auch Faulpelze!“, sagt mein Mann zu mir, Bezug nehmend auf unseren diesjährigen Dänemark-Urlaub. Juhb, Zielvorgabe erreicht, denke ich.

Ich finde, mein Mann und ich sind arbeitsmoralisch hoch angesiedelte potenzielle Gelegenheits-Faulpelze. Grundsätzlich bin ich nur fleißig, wenn es unbedingt nötig ist. Allerdings schien es bisher leider ständig unbedingt nötig gewesen zu sein! Ich musste den kleinen Faulpelz in mir regelmäßig enttäuschen und vertrösten. Ruhestand hatte er sich bestimmt auch anders vorgestellt. Endlich hätte ich Zeit für ihn haben können, aber nein, ich muss jetzt ja ständig etwas schreiben. Ich kann nicht anders.

Der kleine Faulpelz in mir bekam bisher einfach keine Chance. Man könnte meinen, dass sich niemand auf seine Seite schlagen wollte, weder der Verstand, noch der Fleiß, noch das Gewissen; die Drei hielten immer zusammen und hatten meistens auch noch die besseren Argumente. Wie oft musste ich mir vom Verstand anhören: „Du willst es doch auch, du willst alles fertig haben und perfekt.“ Und dann drängelte sich wieder der scheiß Fleiß vor und das Gewissen quakte dazwischen. Alle tröteten in dasselbe Horn, Jahr um Jahr.

Nur die Seele hielt schon immer zu dem kleinen Faulpelz, weil sie ihn versteht. Aber wer hört schon auf die?

Dass mein ganz persönlicher Faulpelz etwas klein geraten ist, scheint erblich bedingt zu sein. Denn meine Mutter verfügt über ein ähnliches Exemplar, auch wenn dies nicht durch den Wunsch nach Perfektion klein gehalten wurde, sondern eher durch eine ständige innere Unruhe. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie der Lebensabschnittsgefährte meiner Mutter, ihren zu klein geratenen Faulpelz anfüttern wollte: „Margretchen, nun setz dich doch mal hin! Das ist ja furchtbar mit dir. — Schenkst du mir noch Kaffee nach? Wo ist der Aschenbecher?“ So blieb meine Mutter in ihrem Pflichtprogrammmodus und ärgerte sich obendrein noch über die Rauchzeichen in ihrer Wohnung. Ihr Faulpelz kümmerte weiter vor sich hin und lässt sich nach wie vor kaum blicken. Meiner hingegen hat sich erholt und inzwischen eine stattliche Größe bekommen. Ich begegne ihm jetzt häufig – nur nicht wenn ich schreibe. Er weiß, dass er dann keine Chance hat, bleibt aber in Lauerstellung.

Dann soll ER doch mal faul sein!!!