Apropos Rauchzeichen. Neulich war ich mehr oder weniger unfreiwillig zu Gast bei einer Geburtstagsfeier. Die Freundin meiner Mutter hatte eingeladen und ich saß mit fünf älteren Damen am Kaffeetisch – vier von ihnen über neunzig. Die Tochter des Hauses hatte sich rauchend auf die Couch begeben.
Nach dem Kaffeetrinken gingen wir in den Garten. Die schöne Tischdecke draußen zierte eine Zigarettenschachtel mit dem Foto einer Blut spuckenden Frau, ein edles Feuerzeug und ein getöpferter Kunsthandwerk-Aschenbecher mit Geruchsverschluss – das Equipment der Tochter des Hauses; sie hatte es schon einmal herausgebracht und freute sich nun darauf, ihre nächsten Zigaretten in unserer Runde einnehmen zu können. Drinnen hatte sie sich ja aus lauter Rücksicht separat gesetzt.
Im folgenden Gespräch schienen sich die älteren Damen darin einig zu sein, auf keinen Fall hundert Jahre alt werden zu wollen – meine Mutter war die einzige Ausnahme. Voller Hoffnung meinte die Tochter lächelnd, mit dem Rauchen ein gutes Mittel gegen das Hundert-Jahre-alt-werden gefunden zu haben. Wie man ihr leider ansah, muss sie dieses Mittel schon vor sehr langer Zeit entdeckt haben.
Wie wir alle wissen, kann auch das Passivrauchen tödlich sein. Hätten die Damen ihre Sterbepläne etwas eher kundgetan, hätte sich die Tochter drinnen bestimmt mit an den Kaffeetisch gesetzt, dachte ich, während sie mir vergeblich eine Zigarette anbot. Aber ich glaube, dass das Passivrauchen bei den alten Herrschaften jetzt nicht mehr den gewünschten Erfolg erzielen wird. Um sich auf die tödliche Wirkung verlassen zu können, hätten sie definitiv früher mit dem Inhalieren anfangen müssen.
Dabei fiel mir ein, was ich beim Kauf der Geburtstagskarte im Papiergeschäft gesehen hatte. Hinter dem langen Verkaufstresen befand sich eine riesige Regalwand voller Zigarettenschachteln. In der Mitte ein großer Flachbildschirm mit Zigarettenwerbung. Dort stand: jetzt noch mehr Sicherheit. Ups, dachte ich. Was ist noch sicherer? Dass man stinkt? Dass man andere vollqualmt? Dass man nicht überlegen muss, wofür man sein Geld stattdessen ausgeben soll? Dass man ein faltiges, fahles Tränensack-Gesicht bekommt? Dass man mit Sicherheit eine Raucherlunge und höchstwahrscheinlich später auch noch Krebs bekommt? Nein, das sollte bestimmt nicht die Message sein. Es ging um die PAUSE – die ist SICHER.
Wenn rauchende Arbeitnehmer draußen herumstehen, verliert kaum jemand ein Wort darüber. Raucher stehen schließlich nicht freiwillig da. Ihre Sucht verlangt es von ihnen. Täglich kämpfen sie mit ihrer Arbeit und ihrem Suchtgefühl – das Suchtgefühl siegt immer wieder und sie müssen hinaus.
Wer sich allerdings als Nichtraucher während der Arbeitszeit draußen aufhält, um frische Luft zu schnappen, ist ein arbeitsmoralisch niedrig angesiedelter Mitarbeiter, der seine Kollegen hängen lässt. Verkehrte Welt, oder?
Heute bin ich froh darüber, dass ich es während meiner Arbeitnehmer-Karriere geschafft habe, nicht zum Raucher zu werden. Es erschien mir doch etwas übertrieben, sich eine Raucherlunge anzuschaffen, nur wegen der sicheren Pausen. Und jetzt kann ich PAUSEN machen, wann es mir passt. Das ist SICHER.