»Chili Texas Topf« für angehende Vegetarier

Ich erwache und blicke in einen wolkenlos blauen Himmel. Ich rieche das Meer und muss sofort einen Blick darauf werfen. Es glitzert im Sonnenschein, so wie es abermillionen Edelsteine nicht besser könnten. Ein Vogel fliegt auf und verliert etwas aus dem Schnabel. Nein, er fliegt immer wieder auf und lässt eine Muschel hinunter fallen, um sie zu knacken. Wie schlau! Ein paar Vögel fliegen vorbei, nein, ich glaube, es sind Enten. Wenn man sie malen wollte, bräuchte man ein Lineal, so schnurgerade sind ihre Körper, als hätte jede von ihnen einen Stock verschluckt. Ob das wohl Stockenten sind? Grins! Die Flügel stehen im rechten Winkel zu den Körpern und sind entweder über oder unter den Tieren zu sehen. Die Abstände zwischen den Enten sind auch immer genau gleich. Das wäre ein Fall für einen technischen Zeichner. Jetzt fliegt der kleine Schwarm wieder ganz dicht über der Meeresoberfläche – ein wunderschönes Bild.

In der Ferne höre ich das Tuten eines großen Schiffes. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht liegt eine Werft, was man am Tag kaum wahrnimmt. Aber nachts, wenn der Himmel sich ein wenig abdunkelt, leuchten von dort viele Lichter herüber. Wenn die Sterne und der Mond mal nicht zu sehen sind, haben diese Lichter am Horizont eine besondere Anziehungskraft. Aber jetzt sitze ich auf der Terrasse und genieße den Lavendel, seine Farben, seinen Duft. Ja, man glaubt es kaum: Vor der gesamten bodentiefen Glasfront des Hauses, das sogar noch um die Ecken herum geht wie ein Erker, blüht Lavendel. Dann plötzlich sehe ich das Segel eines Kitesurfers ziemlich dicht am Haus. Und schon wendet er und lässt sich wieder auf die Weite des Meeres zurückziehen. Eine Möwe kreischt. Das hört man hier nicht so oft.

Gestern öffneten wir eine Dose »Chili Texas Topf«, verbesserte Rezeptur stand groß drauf. Beim Essen spürte ich weiche Würstchenstücke auf der Zunge, zumindest dachte ich das. Anschließend sah ich mir die Zutatenliste genau an. Sie stand hinten auf der Dose im Kleingedruckten: Fleischwurst 4,2 %. Mit solch einer Zahl kann man bei den Verbrauchern natürlich nicht punkten. Deshalb befindet sich vorne auf der Dosenbanderole ein gut sichtbar hervorgehobenes Hinweisschild mit allen möglichen Informationen, die den Käufer positiv stimmen sollen. Als Hersteller muss man das wohl heute so machen. Ich las: ohne künstliche Farbstoffe (braucht man die in einer Tomatensoße?), ohne Geschmacksverstärker (braucht man die bei dieser höllischen Schärfe?), ohne Konservierungsstoffe (braucht man die in einer Konserve?) Meines Wissens sind die meistens ohnehin nicht erlaubt.

Um das Ganze zu krönen, prangte oben rechts noch ein schwungvoll gebogenes grünes Blatt, daneben stand: „Natürlich!“ Alles klar, dachte ich: Bio, vegetarisch, vegan, glutenfrei, lactosefrei, Low-Carb, ökologisch, fair trade zertifiziert … hätte man sicher auch noch gerne abgehakt; ging aber nicht. Aber irgendetwas musste doch noch abzuhaken sein. Natürlich! Mit diesem wohlklingenden Wort kann man praktisch nichts falsch machen. Was bedeutet es schon? Ist nicht alles irgendwie natürlich?

Außerdem handelt es sich nicht um einen geschützten Begriff, oder? Natürlich nicht !!!!!

 

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